Ich habe gelesen, dass zwischen dem muskulären Bindegewebe im Schulter-Nacken-Bereich und depressiven Störungen ein Zusammenhang besteht. So soll es einen Zusammenhang zwischen steifen, unelastischen Faszien und einer Depression geben.
Es gebe Wechselwirkungen zwischen depressiven Erkrankungen und dem Fasziengewebe im Nacken-Schulter-Bereich. Dazu führte ein Team um Prof. Johannes Michalak von der Universität Witten/Herdecke 2 Studien durch.
Ziel der zwei Studien war es, die Eigenschaften des myofaszialen Bindegewebes bei Patient*innen mit einer schweren depressiven Episode zu untersuchen und herauszufinden, ob diese die pathophysiologischen Prozesse einer Depression beeinflussen können.
Zuerst untersuchten die Forscher, ob sich das muskuläre Bindegewebe der Schulter-Nacken-Partie bei depressiven Patienten von denen Gesunder unterscheidet. Dazu verglichen sie 40 Patient*innen, die sich wegen einer depressiven Episode in stationärer Behandlung befanden und 40 Kontrollpersonen, die noch nie an einer Depression gelitten hatten.
Die Ergebnisse haben gezeigt: In der Gruppe der depressiven Patient*innen wies das Fasziengewebe im Schulter-Nacken-Bereich einen höheren Grad an Steifigkeit und weniger Elastizität auf als bei der Kontrollgruppe.
Im zweiten Teil untersuchten sie, ob eine Massage des Bindegewebes depressive Prozesse beeinflussen kann. 69 stationäre psychiatrische Patient*innen mit einer Depression wurden randomisiert 2 Gruppen zugeteilt: Die erste Gruppe wurde angeleitet, die Schulter-Nacken-Region mit einer Faszienrolle selbst zu massieren und so die Flexibilität zu erhöhen. Die Placebogruppe führte lediglich Auf- und Ab-Bewegungen im Schulter-Nacken-Bereich durch, ohne ihn wirklich zu massieren.
Das emotionale Befinden wurde so geprüft: Zwischen den Übungsdurchgängen hörten beide Gruppen zehn positive (z.B. schön, stolz, selbstbewusst) und zehn negative (z.B. schlecht, hässlich schwerfällig) Begriffe von einem Tonband. Nach den Übungen wurden die Patient*innen befragt, an welche Begriffe sie sich erinnern. Anhand eines Fragebogens wurde die Stimmung der Probanden beurteilt, mit einem wissenschaftlich etablierten Test zum Memory Bias die Depressionsanfälligkeit erfasst. Die Patient*innen, die die Selbstmassage mit der Faszienrolle durchgeführt hatten, erinnerten sich an weniger negativ besetzte Wörter als die Proband*innen der Placebogruppe. Auch die Stimmung der Patient*innen der Selbstmassagegruppe war besser.
Die Ergebnisse untermauerten so schon frühere Forschungsarbeiten, die zeigten, dass es körperliche Einflüsse, wie z.B. Körperhaltung und Bewegungsmuster auf Emotionen gibt. Außerdem stimmen die Ergebnisse mit anderen Ansätzen zur Depression überein, in denen an Depression erkrankte Menschen berichten, ein Gefühl körperlicher Starrheit zu haben.
Meiner Meinung nach deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Steifigkeit und geringe Elastizität des muskulären Bindegewebes mit dazu beitragen könnte, dass Depressive sich nicht so gut aus ihrem negativen Zustand lösen können. Aber es wurden nur die temporären Effekte einer kurzen Selbstmassage untersucht. Ob eine längerfristige Behandlung des muskulären Bindegewebes, in Kombination mit anderen Behandlungselementen, depressiven Personen dabei helfen könnte, ihre Depression besser zu überwinden, wird die Zeit zeigen.
Pressemeldung/Universität Witten-Herdecke
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