Wenn Selbstoptimierung zu Frauenhass wird
- info119720
- vor 4 Stunden
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Wie Looksmaxxing-Foren ein gefährliches Bild von Weiblichkeit nähren
In den letzten Jahren sind sogenannte Looksmaxxing-Foren wie Pilze aus dem Boden geschossen – Online-Communities, in denen Männer sich austauschen, wie sie ihr Äußeres „optimieren“ können: durch Muskelaufbau, Schönheitsoperationen oder bestimmte Verhaltensstrategien, um „attraktiver“ zu wirken.
Auf den ersten Blick scheint das harmlos – fast wie ein Fitnessforum mit einem Schuss Selbsthilfe. Doch wer genauer hinschaut, erkennt schnell: Hinter dieser Welt steckt oft eine Ideologie der Abwertung, insbesondere gegenüber Frauen.
Frauen als Ware – die gefährliche Logik des Looksmaxxing
In diesen Foren wird Schönheit nicht als Ausdruck von Persönlichkeit oder Vielfalt verstanden, sondern als Marktwert. Männer sprechen dort über sich – und über Frauen – als wären sie Produkte auf einem Dating-Basar.
Frauen werden in „Ratings“ eingeteilt, auf Körperteile reduziert, nach vermeintlichen „Defiziten“ analysiert. Sie existieren nicht mehr als Menschen mit Gefühlen, Grenzen und Geschichten – sondern als Objekte zur Selbstbestätigung männlicher Egos.
Das Problem ist nicht nur, dass Frauen entmenschlicht werden. Das Problem ist, dass diese Denkweise von tausenden Männern täglich gefüttert und verstärkt wird – in Kommentaren, Memes, Videos und „Tipps“, wie man Frauen „manipuliert“, um Sex oder Aufmerksamkeit zu bekommen.
Aus Oberflächlichkeit wird Ideologie
Was als Selbstoptimierung beginnt, endet oft in einer gefährlichen Dynamik: Wer sich ständig über sein Äußeres definiert, verliert das Gefühl für echte menschliche Verbindung. Und wer ständig hört, dass Frauen nur „Status und Aussehen“ schätzen, beginnt irgendwann, Frauen zu misstrauen – und sie zu verachten.
Looksmaxxing-Foren schaffen so eine emotionale Parallelwelt, in der Frauen nicht mehr als Menschen wahrgenommen werden, sondern als Gegner. Es entsteht ein „Wir gegen Sie“-Denken, das jede echte Begegnung vergiftet.
Hier wächst kein Selbstwert – hier wächst Misogynie.
Der psychologische Kern: Kontrolle statt Beziehung
Viele Männer, die sich in solchen Foren verlieren, suchen nicht wirklich nach Schönheit – sie suchen nach Kontrolle. In einer Welt, die sich verändert, in der Frauen laut, selbstbewusst und selbstbestimmt sind, empfinden manche Männer das als Bedrohung. Looksmaxxing verspricht ihnen ein Gegenmittel: Macht durch Attraktivität, Dominanz durch Inszenierung.
Doch das ist eine Illusion. Denn Macht ist kein Ersatz für Nähe. Und Kontrolle ist kein Zeichen von Stärke, sondern von Angst. Diese Angst wird in den Foren nicht geheilt, sondern ideologisch umgedeutet – als Beweis dafür, dass Frauen das Problem seien.
So entsteht eine Spirale aus Selbsttäuschung und Hass, die nicht nur das Frauenbild, sondern auch die seelische Gesundheit zerstört.
Warum das uns alle betrifft
Als Leiterin des Wehr Dich Sicherheitstrainings sehe ich regelmäßig, was solche Denkweisen im realen Leben anrichten. Frauen erleben herablassende Kommentare, Stalking, Übergriffe – von Männern, die glauben, „Recht“ auf Aufmerksamkeit oder Nähe zu haben. Diese Gewalt beginnt nicht auf der Straße. Sie beginnt im Denken. In Foren, in denen Abwertung normalisiert wird. In Memes, die Hass salonfähig machen. In Gesprächen, in denen Frauenfeindlichkeit als „Frust“ verharmlost wird.
Was wir dagegen tun können
Wir müssen über diese Räume sprechen – offen, klar und ohne Beschönigung. Wir müssen jungen Männern beibringen, dass Selbstwert nichts mit Kontrolle zu tun hat. Und wir müssen Frauen stärken, Grenzen zu setzen, sich zu wehren und sich gegenseitig zu unterstützen.
Psychologische Arbeit heißt hier nicht, Verständnis für Hass zu entwickeln, sondern die Strukturen zu erkennen, die ihn nähren, und die Menschen zu befähigen, daraus auszusteigen.
Denn Looksmaxxing ist kein Lifestyle-Trend. Es ist ein Symptom einer Kultur, die Frauen abwertet und Männer emotional verarmen lässt. Und beides müssen wir heilen – durch Aufklärung, Empathie und klare Haltung.





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