Wenn Liebe zur Falle wird
- info119720
- 24. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Wie „Loverboys“ junge Frauen in die Ausbeutung treiben … und wie wir sie gemeinsam befreien
„Er hat mir versprochen, wir würden durchbrennen, zusammen die Welt erobern … doch eines Morgens stand ich in einem fremden Zimmer, und der Preis für seine ‚Liebe‘ war mein eigener Körper.“– Bericht einer jungen Frau, 17 Jahre
Jedes Mal, wenn ich diese Worte höre, schnürt es mir die Kehle zu. Ich sehe die tränenüberströmten Gesichter junger Frauen, deren Hoffnungen in Scherben liegen – nicht, weil sie „leichtgläubig“ waren, sondern weil skrupellose Täter eine ebenso heimtückische wie raffinierte Methode perfektioniert haben: die Loverboy-Masche.
Als Therapeutin und Leiterin des "Wehr Dich!"-Sicherheitstrainings weiß ich, wie tief diese seelischen Wunden schneiden. Doch ich erkenne auch etwas anderes: unerschütterliche Stärke, die sich zeigt, sobald Betroffene wissen, dass sie nicht allein sind – und dass Hilfe möglich ist, selbst wenn alles aussichtslos erscheint.
Die perfide Strategie der Loverboys – Schritt für Schritt in die Abhängigkeit
Ausschau halten nach Verletzlichkeit
Schulhof, Shopping-Mall oder TikTok-Chat: Täter spähen gezielt Mädchen aus, die sich einsam, unsicher oder unverstanden fühlen.
Die perfekte Romanze inszenieren
Komplimente, Geschenke, 24/7-Nachrichten. Wo Familie vielleicht schweigt, hören Loverboys aufmerksam zu. Es ist die Illusion von Seelenverwandtschaft – eine Droge, die nach Nähe süchtig macht.
Isolieren und kontrollieren
„Deine Freunde gönnen dir unser Glück nicht … bleib lieber bei mir.“ Schrittweise verschwinden Freizeit, Hobbys, Kontakte, bis nur noch ER bleibt.
Drehen des emotionalen Schlüssels
Jetzt kommt der Bumerang: plötzlich Geldsorgen, Erpressung mit intimen Videos, Gewaltandrohungen. Der Traum-Prinz wird zum Zuhälter.
Absturz in Zwangsprostitution
Einmal gefangen, scheint jeder Ausweg verbaut: Scham, Angst, Schuldgefühle – alles Werkzeug im Koffer des Täters.
Warum es so schwer ist, „einfach zu gehen“
Viele fragen fassungslos: „Warum steigt sie nicht aus?“ Weil …
der Täter systematisch das Selbstwertgefühl demontiert.
Bindungshormone wie Oxytocin echte Suchtmechanismen auslösen.
Erpressungs-Videos drohen, das letzte bisschen Würde öffentlich zu vernichten.
Gewalt – körperlich oder psychisch – jederzeit wie ein Schwert über dem Kopf hängt.
Isolation alle Rettungsanker zerschnitten hat.
Diese Dynamik zu verstehen, ist der erste Schritt, Betroffenen wirklich zu helfen – statt sie zu verurteilen.
Aus Ohnmacht wird Kraft – was kann helfen
Arbeit auf 3 Ebenen
Akute Sicherheit
Deeskalations- und Fluchtstrategien
Notfallnummern und „Codewörter“ mit Freund*innen/Familie
Körperarbeit gegen Schockstarre
Innere Befreiung
Traumafokussierte Techniken (EMDR, Parts-Arbeit)
Selbstmitgefühl-Übungen: „Du bist nicht schuld!“
Schrittweiser Wiederaufbau von Autonomie und Grenzen
Systemische Verankerung
Netzwerke aus Beratungsstellen, Ärzt*innen, Polizei
Rechtliche Informationen (Anzeige, Beweissicherung)
Peer-Groups, in denen ehemals Betroffene Stärke weitergeben
Dein Notfall-Kompass
Situation | Sofort-Aktion |
Akute Bedrohung | 110 wählen – du musst nichts erklären, nur bleiben! |
Verdacht bei Freund*in oder Schwester | Vertrauensgespräch suchen, gemeinsam an Beratungsstelle wenden |
Erpressung mit Videos/Fotos | Beweise sichern, NICHT zahlen, Polizei einschalten |
Verletzungen durch Gewalt | Ärztlich behandeln und dokumentieren lassen |
Merke: Sexuelle Ausbeutung ist nie ein „Gefallen“ – sie ist eine Straftat.
Ein letzter, persönlicher Appell
Vielleicht liest du das gerade mit klopfendem Herzen, weil eine Stimme in dir flüstert: „Das bin ich.“ Oder du erkennst in den Zeilen deine Tochter, deine beste Freundin.
Bitte – schweig nicht. Scham ist der Käfig, in dem dich der Täter gefangen halten will. Jeder Satz, den du laut aussprichst, sprengt ein Gitter.
Gemeinsam finden wir die Tür, und gemeinsam gehen wir hindurch. Denn Liebe erniedrigt nicht. Liebe verkauft nie deinen Körper. Liebe befreit. Und genau das sollst du wieder fühlen.

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