„Er hilft mit – sie auch?“
- info119720
- vor 3 Tagen
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Rollenbilder und Sexismus im Alltag – Die kleinen Sätze, die so viel bedeuten
Warum Sprache im Alltag oft mehr über Sexismus verrät, als wir denken.
Der leise Alltagssexismus
Es beginnt selten mit einem lauten Knall. Kein offener Angriff, keine klaren Beleidigungen. Es sind die kleinen Sätze, die sich in Gespräche schleichen, oft sogar nett gemeint sind – und doch einen alten, staubigen Abdruck hinterlassen. Ein Abdruck davon, wie „Mann“ und „Frau“ angeblich zu sein haben.
Wenn Worte Welten formen
Sprache ist kein harmloses Spielzeug. Jeder Satz ist ein Pinselstrich auf dem Bild, das wir von uns selbst und voneinander haben. Manche Striche malen Freiheit, andere malen Grenzen. Grenzen, die so selbstverständlich wirken, dass wir sie kaum noch bemerken – bis wir sie umdrehen und merken, wie absurd sie eigentlich sind.
Die Frage, die nie gestellt wird
„Sie sind eine Karrierefrau – wer passt denn dann auf die Kinder auf?“ Wir alle kennen diesen Satz. Doch wie oft hast du schon gehört: „Sie sind ein Karrieremann – wer passt denn dann auf die Kinder auf?“ Genau. Die Frage wird nie gestellt. Und allein das sagt mehr über unsere Rollenbilder, als uns lieb sein sollte.
Beispiele aus dem Alltag
„Er passt heute auf die Kinder auf.“ – Nein. Er ist Vater. Er betreut seine eigenen Kinder.
„Sie ist sehr karriereorientiert – trotzdem hat sie Familie.“ – Würden wir das je so über einen Mann sagen?
Er ist ein toller Vater – er hilft so viel mit!“ – Warum sagen wir nicht: „Sie ist eine tolle Mutter – sie hilft so viel mit“? Weil es absurd klingt – und genau darin liegt das Problem.
„Er ist ein toller Ehemann – er hilft im Haushalt.“ – Und wenn wir den Satz umdrehen? „Sie ist eine tolle Ehefrau – sie hilft im Haushalt.“ Wirkt fast ironisch.
„Sie ist so hübsch – und ihr Mann ist Architekt.“ – Andersherum: „Er ist so hübsch – und seine Frau ist Architektin.“ Wirkt ungewohnt.
„Er ist sehr emotional – fast wie eine Frau.“ – Emotionen sind menschlich, nicht geschlechtlich.
„Sie hat Glück, so einen Mann zu haben, der sie machen lässt.“ – Als ob ihre Selbstbestimmung eine Genehmigung bräuchte.
„Er unterstützt seine Frau bei ihrer Arbeit.“ – Warum nicht einfach: Sie unterstützen sich gegenseitig?
Warum das wichtig ist
Diese Formulierungen sind keine Lappalien. Sie sind kleine Bausteine in einem großen Gebäude aus Erwartungen, Normen und Schubladen. Jedes Mal, wenn wir so sprechen, zementieren wir ein bisschen das Bild davon, was „normal“ ist – und was nicht.
Sprache ist wie Wasser: Sie umspült uns, prägt uns, formt uns. Und wenn wir wollen, dass sich unsere Welt verändert, müssen wir auch darauf achten, wie wir reden.
Was wir tun können
Sätze umdrehen – und prüfen: Klingt es komisch? Dann steckt vermutlich ein Rollenbild dahinter.
Bewusst Komplimente geben, die nicht an Geschlecht gebunden sind.
Fragen stellen: „Warum sage ich das gerade so?“
Andere freundlich darauf hinweisen, wenn ihnen solche Formulierungen unterlaufen.
Schlussgedanke
Veränderung fängt nicht immer in großen Demonstrationen oder politischen Entscheidungen an. Oft beginnt sie in unseren Küchen, an unseren Esstischen, in unseren WhatsApp-Nachrichten. Mit einem Satz. Oder dem Mut, einen Satz anders zu sagen.

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