Catcalling
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- 25. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Okt.
Catcalling ist nicht, wie man vermuten könnte, das Rufen nach dem Haustiger zum Abendbrot. Viel eher ist es ein Ruf, der meist nichts mit Bewunderung zu tun hat, sondern mit Herabwürdigung. Es sind jene Pfiffe, Hinterherrufe oder Sprüche auf der Straße, in der Bahn oder im Park – angeblich „lustig“ oder „komplimentartig“ gemeint, in Wahrheit aber respektlos, abwertend und sexuell aufgeladen.
SPD will Catcalling in Deutschland unter Strafe stellen
Aktuell wird in Deutschland diskutiert, ob Catcalling strafrechtlich verfolgt werden soll. Laut einem Artikel von n-tv will die SPD Catcalling unter Strafe stellen. „Können wir nicht tolerieren“, heißt es dort.
Andere Länder sind schon weiter: In den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Portugal ist Catcalling bereits strafbar – mit Geldstrafen oder sogar Haft. In Sachsen fordert die SPD ebenfalls ein Gesetz: Bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe oder Bußgeld sollen möglich sein. Hintergrund: Bisher gilt nur körperliche sexuelle Belästigung als Straftat. Worte bleiben eine Grauzone – und genau diese Lücke soll geschlossen werden.
Warum das Thema so wichtig ist
Catcalling ist kein „harmloses Kompliment“. Es geht um Macht, Kontrolle und die Botschaft: Du bist nicht sicher. Wir können dich jederzeit ansprechen, bewerten, beschämen.
Viele Frauen berichten, dass sie durch Catcalling Angst verspüren – Herzklopfen, Anspannung, die Frage: „Was, wenn er mir nachläuft? Was, wenn er mich anfasst?“ Darum geht es nicht um verletzte Gefühle, sondern um Sicherheit, Würde und Freiheit.
Beispiele aus dem Alltag – die harte Realität
Das hier sind keine Übertreibungen, sondern Alltag für viele Frauen:
Eine junge Frau läuft nach der Arbeit nach Hause. Ein Mann ruft: „Na, geile Schlampe, komm mal rüber!“ Sie beschleunigt ihre Schritte, schaut sich ständig um. Der Heimweg, der eben noch normal war, wird plötzlich zum Spießrutenlauf.
In der U-Bahn ruft jemand quer durch den Wagen: „Boah, mit deinem Arsch würde ich dich direkt ficken!“ Lachen von den Kumpels, betretenes Schweigen von den Mitfahrenden. Für die Betroffene: Scham, Angst, ein Gefühl von Hilflosigkeit.
Zwei Männer pfeifen einer Schülerin hinterher und rufen: „Dafür bist du aber ganz schön jung, hm?“ Das Mädchen ist 15. Sie zieht die Jacke enger, will am liebsten verschwinden.
Eine Frau wird auf dem Heimweg angehalten: „Steig doch ein, ich bring dich dahin – oder ich mach dich gleich hier fertig.“ Sie weiß nicht: Ist das nur ein dummer Spruch oder ein echter Angriff?
Das ist die Realität. Catcalling ist nicht nur ein lästiger Pfiff. Es ist ein Bedrohungsszenario.
Die Angst der Frauen
Viele Frauen erzählen, dass sie nach solchen Situationen:
Umwege gehen, um bestimmte Straßen zu vermeiden.
Kopfhörer tragen, um Rufe „auszublenden“.
Kleidung anpassen – nicht, weil sie es wollen, sondern aus Angst, sonst „aufzufallen“.
Catcalling schränkt also nicht nur den Moment ein – es verändert das Leben. Stück für Stück.
Mein Blick als Heilpraktikerin für Psychotherapie und Leiterin des „Wehr Dich!“ Sicherheitstrainings
Wenn ich mit Frauen arbeite, höre ich oft diesen Satz: „Eigentlich war doch nichts passiert – aber ich hatte solche Angst.“ Genau das ist der Punkt. Catcalling ist nicht harmlos. Es ist ein ständiges Erinnern daran, dass Frauen im öffentlichen Raum verletzlich sein können.
Und deshalb ist es so wichtig, dass wir darüber sprechen – und dass Gesetze endlich diese Lücke schließen.
Fazit – ein Ruf nach Respekt
Catcalling ist kein Scherz, kein Kompliment, kein Kavaliersdelikt. Es ist eine Machtdemonstration, die Angst auslöst und Sicherheit zerstört.
Die SPD geht mit ihrem Vorschlag in die richtige Richtung: Wir brauchen klare Regeln. Aber noch wichtiger ist, dass wir als Gesellschaft verstehen: Respekt beginnt mit Worten – und endet, wenn Schweigen dazu führt, dass Übergriffe „normal“ werden.
Jede Frau hat ein Recht darauf, sich frei und sicher zu fühlen – ohne Angst vor dem nächsten Pfiff, dem nächsten Spruch, dem nächsten Hinterherruf.

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